Am 07. November fand im Hotel Steigenberger Frankfurter Hof das “6. Frankfurter Kapitalmarkt Kolloquium” zum Thema „Nachhaltigkeit als Handlungsprinzip in der Finanzindustrie: Neue Ansätze für Kapitalallokation und Risikobewertung“ statt.
Insgesamt 170 Finance Professionals diskutierten mit zwei Referenten und fünf Podiumsteilnehmern.
Den ersten Vortrag hielt Prof. Dr. Philipp Sandner vom Frankfurt School Blockchain Center. Er zeigte auf, dass die Blockchain Technologie sehr gut für nachhaltige Strategien in der Finanzindustrie geeignet ist, auch wenn der enorme Ressourcenverbrauch beim Bitcoin Mining sicherlich ein sehr großes Negativbeispiel ist. Man müsse wissen, dass der Bitcoin nur eine Anwendung der Blockchain sei und nicht stellvertretend für die gesamte Technologie steht. Inzwischen gibt es auch klügere Validierungsmethoden für Kryptowährungen, die weitaus weniger Energie benötigen. Besonders vorteilhaft an der Blockchain Technologie ist jedoch die Teilhabe von Milliarden Menschen am Finanzmarkt, die heute noch keinen Zugang zum Finanzsystem haben. Außerdem kann über die Blockchain ein Investment in korrupten Staaten abgesichert werden, weil die Blockchain dezentral und manipulationssicher ist. So könnten zum Beispiel Investitionen zur CO2 Reduktion in Afrika getätigt werden, die dort eine deutlich höhere Umweltentlastung bewirken als in einem Hochtechnologieland wie Deutschland.
Anschließend gab Prof. Dr. Christian Schmitt von der Hochschule der Bayerischen Wirtschaft einen Überblick über die Daten im Bereich ESG (Environmental – Social – Governance). Die Korrelation unterschiedlicher Datenanbieter ist mit 0,2 extrem niedrig. Dies kann jedoch durch die unterschiedlichen Schwerpunkte der Anbieter erklärt werden. Anders als bei Ratings von Anleihen, wo harte Bilanzkriterien zu einer starken Überschneidung der Ergebnisse führen, gibt es bei ESG Daten viele Interpretationsspielräume. Wie bewertet man Arbeitsbedingungen einheitlich in unterschiedlichen Branchen? Was genau zeichnet eine gute Unternehmensführung aus?
Die darauffolgende Podiumsdiskussion brachte weitere Gesichtspunkte in die Diskussion. Mit Thorsten Schreiber von Afrika Green Tech nahm auch ein Unternehmer aus dem Bereich ESG teil, der über eine vieljährige Erfahrung in Afrika verfügt. Sein Unternehmen installiert Solaranlagen in Dörfern in Mali, die bislang Strom aus Dieselgeneratoren bezogen haben. Einerseits verbessert er hierdurch direkt die Ökobilanz, andererseits haben seine Projekte aber große gesellschaftliche Auswirkungen für die Menschen vor Ort. Sein Unternehmen ist ein Vorzeigeprojekt des Deutschen Entwicklungshilfeministeriums, die ausgegebenen Anleihen genießen sogar Garantien für politische Risiken. Gerade für diese Projekte eignet sich die Blockchain besonders. Erste Überlegungen hierzu haben bereits stattgefunden.
Guido Dargatz (Refinitv) nahm als Vertreter des größten Anbieters von ESG Daten an der Podiumsdiskussion teil. Er zeigte, dass viele seiner Kunden eigene Modelle rechnen, weswegen Refinitiv bis zu 400 Datenpunkte zu über 6000 Unternehmen liefert.
Björn Torkar (Privé Technologies) digitalisiert mit seinem Unternehmen Banken in Richtung zu den Endkunden. Er konnte berichten, dass ESG bislang bei Privatanlegern bislang kein großes Thema sei. Dies liege aber nicht am Interesse, das gerade durch die mediale Berichterstattung zu „Fridays for Future“ groß sei, sondern schlichtweg am noch fehlenden Angebot.
Ivan Domjanic (M&G) gab Einblicke in die Allokationsentscheidungen von einem führenden Assetmanager. Bei manchen Entscheidungen gibt es kein schwarz-weiß, sondern muss praktisch gehandelt werden. Wer die USA wegen dem Austritt aus dem Pariser Abkommen und der Todesstrafe auf die Blacklist setzt, wird bei der Anlage Probleme haben. Hier muss man genauer auf die Einzelwerte blicken.
Prof. Dr. Christian Schmitt verwies auf die Bedeutung der Regulierung, weil sonst die externen Effekte bei Umweltverschmutzung nicht berücksichtigt werden. In der Volkswirtschaft gibt es die „Tragik der Allmende“, wo jeder Bauer seine Kühe auf die Wiese stellt und nicht im Stall lässt. Dieser Wikipedia-Eintrag ist die theoretische Blaupause für die aktuelle Klimaschutzdiskussion.